Von klein auf werden wir als Mädchen darauf gepolt, sanftmütig und ruhig zu sein. Mädchen sind sanft und lieb, sorgen für Harmonie und sind nicht laut. Sie schreien und sie schlagen nicht – und sie sehen stets das Gute in den Menschen, selbst wenn es bedeutet, etwas schönzureden.
Du meinst, das sei übertrieben? Ja? Dann lass uns mal das Gegenteil zeichnen:
Anna, 8 Jahre alt. Laut und impulsiv. Dreckige Hosen, zerrissenes Shirt vom Spielen. Sie schreit quer durch den Spielplatz und haut auch schon andere Kinder, wenn sie an den Haaren gezogen wird. Sie jagt den anderen Kindern auch nach, wenn sie ihr Spielzeug spielen und schimpft andere auch aus – und zwar nicht immer nett. Sie sagt laut und bestimmt „Nein, ich will nicht!“ und sie zeigt offen, wenn sie jemanden nicht mag.
Ist das in deinen Augen das typische Mädchen? Nein? Et voilà, dann hast du deinen Stereotyp von Mädchen.
Dieses jahrelange Training um still und harmonisch zu werden schlägt sich dann auch auf das Erwachsenenleben nieder.
Selbstbewusstsein: Die Basis für Selbstverteidigung.
Bestimmt und vielleicht auch laut „Nein“ zu sagen, fällt vielen schwer. Jahrelanges Unterdrücken der eigenen Bedürfnisse und „Schönreden von Grenzüberschreitungen führen dazu, dass Frauen keinen gesunden Bezug oder gar keinen Bezug mehr zu ihren Bedürfnissen haben. Grenzüberschreitungen werden als „starkes Interesse“ schöngeredet. Wir werden so gut darin Ausreden für andere zu erfinden, dass wir alle Alarmzeichen ignorieren – und schönreden.
Lerne für dich einzustehen und dich zu wehren (verbal und nonverbal).
Ich finde, wir Frauen müssen nicht zum „starken“ Geschlecht werden. Wir dürfen das schwache Geschlecht bleiben und dabei unsere Stärke UND unsere Schwäche ausleben und geniessen. Das schwache Geschlecht zu sein bedeutet nicht, keine Stärke zu haben. Das schwache Geschlecht bedeutet nicht, dass wir unsere Bedürfnisse mit Füssen treten lassen müssen. Eine Frau zu sein bedeutet nicht, Freiwild zu sein. Weder bewusst noch unbewusst. Es ist kein Kompliment, einen Klaps auf den Hintern zu bekommen, ebensowenig wie man einem Mann nicht einfach in den Schritt fasst. Eine selbstbewusste, selbstbestimme Frau zu sein bedeutet auch nicht, allen Männern auf den Hintern zu klatschen. Die körperliche Integrität ist unantastbar – für Männer wie auch für Frauen.
Diese Philosophie ist es, welche mich dazu motiviert, Frauen in Selbstverteidigung zu trainieren. Nicht nur, damit sie sich im Notfall körperlich wehren könnten, sondern damit sie emotional und mental stärker werden und lernen Grenzen zu ziehen und diese auch einzuhalten. Mit der wachsenden physischen Stärke lernen sie auch selbstbewusster zu werden – und Menschen auch verbal in ihre Schranken zu weisen können.